Skandalöser CDU-Kahlschlag!
Pressemitteilung – 21.02.2025 – download!
Skandalöser CDU-Kahlschlag! Lässt die „Regenbogenhauptstadt“ queere
Beratungs- und Bildungsprojekte im Regen stehen?
Mit Entsetzen haben wir am 20.2.25 von der geplanten vollständigen Streichung unserer queeren Projekte zum 01. April erfahren – aus der Presse!
Eine eigenmächtige Entscheidung der CDU-Bildungssenatorin, die wir scharf kritisieren.
Geht es nach dem Willen von Katharina Günther-Wünsch, Senatorin für Bildung, Jugend und Familie, stehen unsere Projekte in 5 Wochen vor dem Aus. Ausgerechnet in einem politischen Klima, das auch in der sogenannten „Regenbogenhauptstadt“ zunehmend von queerfeindlicher Gewalt geprägt ist, droht das Ende von mehreren essenziellen Angeboten.
Angesichts der zunehmenden Queerfeindlichkeit und des gesellschaftlichen Rechtsrucks ist es unverantwortlich, dass langjährige Beratungs- und Bildungsangebote in der queeren Arbeit, ohne Kommunikation mit den Trägern und Organisationen, gestrichen werden. Statt bewährte Strukturen zu schwächen, ist eine verlässliche Finanzierung erforderlich, um junge queere Menschen zu schützen und demokratische Werte zu stärken. Nur so kann Ausgrenzung und Diskriminierung entgegengewirkt werden.
Die Kürzungen der CDU-geführten Bildungsverwaltung setzen ein fatales Signal: Weg von Vielfalt und Inklusion, hin zu sozialem Rückbau. Auch die SPD hat sich hier nicht klar positioniert. Das Vorgehen ist von Intransparenz und fehlender kommunikativer Wertschätzung geprägt. Die Senatorin kündigt hiermit die jahrelange gute Kooperation zwischen Verwaltung und freien Trägern der queeren Beratungs-, Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit auf.
Betroffen sind:
- QUEERFORMAT – Fachstelle Queere Bildung
- i-PÄD – Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik
- Kinder- und Jugendbereich der Inter*Trans*Beratung Queer Leben der Schwulenberatung Berlin
- Konsultationsangebot des LSVD Berlin-Brandenburg
- Queer History Month des Spinnboden-Archivs
Auch andere Projekte, wie z. B. BIG Prävention von BIG e. V., meet2respect und die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus e. V. stehen vor dem Aus.
Stimmen aus der Praxis: So fatal sind die Kürzungen
Inter*Trans*Beratung Queer Leben der Schwulenberatung Berlin
Gerade TIN* Kinder & Jugendliche sind oft auf sich allein gestellt, erleben Mobbing und brauchen dringend Unterstützung. Unsere Inter*Trans*Beratung Queer Leben der Schwulenberatung Berlin versorgt jedes Jahr Hunderte Familien mit lebensrettenden Informationen. Es wenden sich Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen, Kinderärzt*innen, Fachkräfte aus Schulen und Kitas an uns, um bessere Unterstützung anzubieten.
„TIN* Kinder und Jugendliche sind die verletzlichsten Glieder – ihre Unterstützung einzufrieren, erinnert an schlimmste Verhältnisse in den USA.“
Marcel de Groot, Geschäftsführer der Schwulenberatung Berlin
Kompetenzstelle Intersektionale Pädagogik
„Die Koalition hat uns Anfang des Jahres zum wiederholten Mal mit großen Worten verkündet, wichtige Projekte der Antidiskriminierungslandschaft “gerettet” zu haben. Keine drei Monate später sägt uns der Senat ab. Der Migrationsrat warnt seit 2023 vor den Absichten des Senats, die sich im Übrigen nicht nur in haushaltspolitischen Entscheidungen deutlich erkennen lassen. Dennoch hat ihm das Parlament mit dem Haushaltsbeschluss freie Hand gelassen, über die PMA den ideologisch motivierten Kahlschlag gegen das soziale und inklusive Berlin weiter zu verfolgen. Die Folgen werden die Schulen Berlins schnell zu spüren bekommen. Dass sich Abgeordnete von CDU und SPD jetzt öffentlich und den Projekten gegenüber rausreden, ist aus unserer Sicht mehr als schändlich.“
Edwin F. Greve, Migrationsrat Berlin e. V. (Träger der Kompetenzstelle Intersektionale Pädagogik)
QUEERFORMAT – Fachstelle Queere Bildung
Wir unterstützen und stärken Lehrkräfte und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe in ihrem täglichen Umgang mit queerfeindlicher Gewalt in deren Arbeitsumfeld. Ohne bedarfsdeckende Angebote werden zunehmend mehr Fachkräfte mit der steigenden queerfeindlichen Gewalt allein gelassen. Jährlich nutzen ca. 1500 pädagogische Fachkräfte unsere Angebote, es finden ca. 100 Fortbildungen und Informationsveranstaltungen sowie 80-100 Beratungen pro Jahr statt. Es entstehen wichtige zielgruppen- und handlungsfeldspezifische pädagogischer Arbeitsmaterialien.
„Pädagogische Fachkräfte haben gesetzliche Vorgaben an die sie sich halten müssen – sei es Schulgesetz, Rahmenlehrplan oder das Kinder-und Jugendstärkungsgesetz. Bei einer Streichung der Fachstelle Queere Bildung wird den bereits überlasteten pädagogischen Fachkräften und Lehrkräfte eine wichtige Arbeitsgrundlage genommen und sie werden von der Politik bei der Erfüllung ihres Auftrags im Stich gelassen. Diese Kürzungen gehen am Ende auf Kosten von queeren Kindern und Jugendlichen, die ein Recht auf Schutz haben.“
Jarred Kennedy-Loving, Bildungsreferent*, QUEERFORMAT Fachstelle Queere Bildung
Queer History Month
Gerade für Jugendliche ist es wichtig zu sehen, wie viele Menschen es in der Geschichte gab, die unter widrigsten Umständen für queere Gleichberechtigung und Freiheit gekämpft haben. Der Queer History Month bietet seit 10 Jahren zur Sichtbarkeit queerer Geschichte Berlins ein vielfältiges Vermittlungsprogramm an, um diese oft unsichtbaren Geschichten zu erzählen. Jedes Jahr wurden, trotz knappem Budget, im Schnitt 25 Bildungsformate für Lehrkräfte, Schüler*innen und queere Community über den Monat Mai realisiert, vor allem dank eines großen Netzwerkes aus Bildungsprojekten, Schulen, Jugendzentren, Archiven und Museen.
„Ein Aufbruch sieht anders aus! Statt Erneuerung und Verlässlichkeit gibt es Kürzungen – der Queer History Month wird gestrichen. Damit verliert Berlin ein wichtiges Bildungsangebot, das queere Geschichte sichtbar macht und jungen Menschen Vorbilder gibt.“
Stefanie Pöschl, Vorstand Spinnboden Lesbenarchiv & Bibliothek e. V.
Konsultationsangebot des LSVD BB
„Wir sind entsetzt über die fehlenden Gespräche mit betroffenen Trägern und Fachkräften sowie die mangelnde Transparenz bei diesen fatalen Entscheidungen. In einer Zeit, in der queere Menschen und Regenbogenfamilien weiterhin Diskriminierung erfahren, ist es untragbar, dass Projekte zur Bildung und Sensibilisierung einfach gestrichen werden. Das nun betroffene Konsultationsangebot war das einzige seiner Art in Berlin und spielte eine zentrale Rolle bei der Sensibilisierung von Fachkräften für queere Familien. Es trug zur Schaffung einer respektvollen Atmosphäre in Kitas und Familienzentren bei und sollte laut Berliner LSBTIQ+ Aktionsplan und IGSV-Maßnahme 225 von der Senatsverwaltung fortgeführt werden.
Wir fordern die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und Senatorin Günther-Wünsch auf, ihre Entscheidung zu überdenken und endlich Verantwortung für die queere Bildungslandschaft in Berlin zu übernehmen. Es kann nicht sein, dass wichtige Bildungsprojekte, die für die Akzeptanz und Rechte queerer Menschen stehen, einfach auf dem Altar von Kürzungen geopfert werden. Der LSVD wird sich weiter für eine queere, inklusive Bildungspolitik einsetzen und appelliert an die Verantwortlichen, die betroffenen Fachkräfte und Träger in die Gespräche einzubeziehen und gemeinsam Lösungen zu finden, bevor solche gravierenden Entscheidungen getroffen werden.“
Alexander Scheld, Geschäftsführer, LSVD Verband Queere Vielfalt Berlin-Brandenburg
Wir fordern: Kein Kahlschlag für queere Beratungs- und Bildungsprojekte!
- Sofortige Rücknahme der Kürzungspläne!
- Sicherstellung der Finanzierung für queere Bildungs- und Antidiskriminierungsarbeit, Jugendzentren und offene Jugendarbeit, angepasst an gestiegene Kosten.
- Langfristige Planungssicherheit über 2026 hinaus, um Stabilität für unsere Projekte und die Menschen, die auf sie angewiesen sind, zu gewährleisten.
Pressekontakte:
Inter*Trans*Beratung Queer Leben:
Leo Yannick Wild, l.wild@schwulenberatungberlin.de, Tel. (030) 44 66 88-161
LSVD Verband Queere Vielfalt Berlin-Brandenburg:
Alexander Scheld, alexander.scheld@lsvd.berlin, Tel. (030) 7543 77 00
Migrationsrat Berlin e. V. (Kompetenzstelle intersektionale Pädagogik):
Ed Greve, ed.greve@migrationsrat.de, (0176) 99 11 49 43
Hintergrundinformationen:
Richtlinien der Regierungspolitik 2023-2026: https://www.berlin.de/rbmskzl/politik/senat/richtlinien-der-politik/#5
LSBTIQ+ Aktionsplan des Landes Berlin: https://www.berlin.de/sen/lads/schwerpunkte/lsbti/igsv/;
Artikel des “Tagesspiegel”: https://www.tagesspiegel.de/berlin/die-streichliste-zum-download-berliner-bildungsverwaltung-kurzt-mittel-fur-urania-und-gegen-antisemitismus-13239637.html